This sordid septic soul can see / You’re under control uncontrollably

08/02/16

Wie wir bereits kürzlich für OCL berichtet haben, verhängte die Spanische Markt- und Wettbewerbskommission (CNMC) am 16. Oktober 2015 ein Bußgeld i.H.v. €106.500 gegen das Pharmaunternehmen Grifols SA, weil dieses den Erwerb gewisser Aktiva von Novartis International AG vollzogen hatte, ohne zuvor die Genehmigung der CNMC einzuholen (Verfahren SNC/DC/037/15). Grifols SA meldete den Zusammenschluss erst nachträglich an, nachdem die durch Medienberichte darauf aufmerksam gewordene CNMC das Unternehmen ausdrücklich dazu aufgefordert hatte (Zusammenschlussverfahren C/0607/14).

Es lag nicht auf der Hand, dass der Zusammenschluss der Genehmigung bedurfte. In Spanien sind die Anmeldungsschwellen nicht nur umsatz- sondern auch marktanteilsbezogen. Tragen mindestens zwei Parteien dazu bei, dass der Marktanteil des entstehenden Unternehmens 30% oder höher ist, dann bedarf der Zusammenschluss der vorherigen Genehmigung, wenn der Umsatz des entstehenden Unternehmens 10 Millionen Euro übersteigt. Erreicht oder übersteigt der Marktanteil 50%, so ist bei jedwedem Umsatz der Zusammenschluss anmeldepflichtig.

Grifols SA hatte vor dem Vollzug durchaus nachgeprüft und war zu dem Ergebnis gelangt, dass eine Anmeldung nicht erforderlich war: ausweislich eigener Zahlen lag der Umsatz der neuen Unternehmenseinheit unter 10 Millionen Euro und betrug der addierte Marktanteil der Parteien 49%. Die CNMC verwarf dieses Ergebnis und errechnete einen gemeinsamen Marktanteil von 52,2%.

In ihrem Beschluss führt die CNMC aus, dass (i) Grifols SA fahrlässig gehandelt habe; und (ii) Marktanteile zugegebenermaßen nicht immer eindeutig seien, Parteien im Zweifel jedoch vor Vollzug ihres Zusammenschlusses die CNMC zu Rate zu ziehen hätten (Artikel 55 Absatz 2 des spanischen GWB eröffnet ausdrücklich diese Möglichkeit).

Dieser Fall beleuchtet, welch‘ strenge Auffassung die CNMC von der Anmeldepflicht hat. Interessant sind jedoch die Ausführungen der CNMC zur Fahrlässigkeit, die sie bei der Festsetzung des Bußgelds durchaus berücksichtigte. Nichts deutet darauf hin, dass Grifols SA ihre erste Berechnung leichthin anstellte. Die Umstände, aus denen die CNMC auf Fahrlässigkeit schließt, sind, dass Grifols SA (i) im Verlauf des Verwaltungsverfahrens zwei weitere Berechnungen vorlegte, beide von der ersten abweichend; und (ii) den Zusammenschluss letztlich anmeldete, und zwar auf der Grundlage einer vierten Berechnung, die zu einem Markanteil über 50% gelangte.

Unter Rechtssicherheitsgesichtspunkten fällt auf, dass die CNMC aus dem Verhalten von Grifols SA nachdem die CNMC die erste Berechnung verworfen hatte rückschließen will, dass Grifols SA von Anbeginn seine gesetzliche Sorgfaltspflicht verletzte und Zweifel an seiner eigenen Berechnung hätte haben sollen. Ebenso wenig liegt es auf der Hand, dass ein Unternehmen die Sorgfaltspflicht trifft, bei Zweifeln an reinen Tatsachen – etwa Marktanteilen – diese gemäß Artikel 55 Absatz 2 des Spanischen GWBs der CNMC vorzulegen hat. Das scheint doch ein gutes Stück weiter zu gehen als der Standpunkt der Kommission in der Pionierzeit (Verfahren IV/M.920 Samsung/AST): “ein multinationales Unternehmen mit sehr ausgedehnten Aktivitäten in Europa […] kann die Notwendigkeit nicht verkennen, Europäische Fusionskontrollregeln zu beachten” (Rz. 12). Es sei noch einmal betont: Grifols SA prüfte tatsächlich die Anmeldeschwelle vor dem Vollzug des Zusammenschlusses – der einzige mögliche Anlass, um an seiner eigenen Berechnung zu zweifeln, wäre also gewesen… dass das Ergebnis sehr nahe an dieser Schwelle lag.

Wie der Zufall so spielt, hat das spanische Kartellgericht (Audiencia Nacional) kürzlich einen weiteren „pingeligen“ Beschluss der Vorgängerin der CNMC, die Nationale Wettbewerbskommission (CNC), zum angeblich voreiligen Vollzug eines Zusammenschlusses aufgehoben. In dieser Sache war die Frage, ob Vetorechte des Käufers hinsichtlich der Jahresbilanz und Neuverschuldung bereits einem Kontrollerwerb gleichkamen. Im Gegensatz zur CNC verneinte das Gericht diese Frage (vgl. Verfahren und Urteil unter VSNC/0015/11). Dieses Urteil liegt sehr wohl auf der Linie entsprechender EU-Präzedenzfälle.

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